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Holger
- 24. September 2012 in Aktivitäten, Australien, Photoblog, Reiseblog
Kuranda: Mit der Skyrail zu den Koalas
Prolog im Himmel:
“Und jetzt mach doch mal das süßeste, knuffeligste Wesen, das man sich vorstellen kann”, sagte Adam zum Lieben Gott, als im Paradies noch alles in Ordnung war (also vor dem Obstvorfall). “Ich brauch für Eva was zum Geburtstag.”
Gott hatte grad Zeit, weil es Montag Nachmittag war und die Bibel nur 7 Tage Arbeit für ihn vorgesehen hatte, gefolgt von Äonen voller Nichtstun und Nichterhören. Da es der erste Montag dieser Äonen war, hatte er sich noch nicht an seinen plötzlichen Frühruhestand gewöhnt (wer hätte ahnen können, dass es nur ‘ne Woche dauern würde, so ein Universum zu erschaffen, mit Licht und Abwassersystem und den Pyrenäen und Steuerberatern).
Er steckte die Hände ineinander und drehte die göttlichen Handflächen nach außen um die Fingergelenke knacken zu lassen. Das dadurch verursachte Krachen sorgte dafür, dass der Urkontinent Gondwana an mehreren Teilen auseinander brach. Gott schaute kurz runter und zuckte mit den Schultern. So alt war die Welt noch nicht, dass er sich an das Layout schon gewöhnt hätte und ausserdem war ihm die Aufteilung (alles Wasser auf einen Fleck und dann eine große Landmasse in die Mitte) ohnehin irgendwie peinlich gewesen. So einfallslos. Wenn er jetzt ein paar Millionen Jahre in die Zukunft schaute, sah er, dass die Welt schon viel unaufgeräumter aussah. Eher so, als hätte sich einer was dabei gedacht. “So geht Kunst”, dachte er sich und musste grinsen, da er die Kunst erst auf den letzten Drücker am Sonntag Abend erschaffen hatte, als ihm (zugegebenermaßen nach ein paar Bier) die Idee gekommen war, dass es bestimmt gut wäre, wenn die Menschen etwas hätten, worüber sie sich die Köpfe zerbrechen könnten, wenn ihnen danach war.
“Das Süßeste, das ihr Euch vorstellen könnt, ja?” fragte er über seine Schulter und ging in seine Werkstatt ohne eine Antwort zu erwarten. Natürlich war es keine Werkstatt, aber das Wort Werkstatt beschreibt am ehesten für unsere beschränkten Hirne seinen Arbeitsplatz.
In der Werkstatt machte er nun, was er am Besten konnte. Aus dem Chaos erschuf er strukturiertes Sein. So lief das hier im Himmel. Nur am Mittwoch war er mal kurz aus dem Tritt gekommen, nachdem er sich in einem schwachen Moment am Dienstag Abend eine Putzfrau erschaffen hatte, die die Werkstatt aufgeräumt hatte. Mittwoch morgen war (wortwörtlich) die Hölle, als er merkte, dass man ohne Chaos nichts erschaffen kann. Also musste er erstmal gründlich chaotisieren, wobei die Pferde ein wenig mit ihm durchgingen, was dazu führte, dass er – quasi nebenher, Gott ist schließlich Gott – ein paar Teufel und böse Geister zu viel erschuf, die ihm – wie gesagt – das Leben zur Hölle machten, sodass er dann später einen Kellerraum, in dem vorher seine Carrera-Bahn gestanden hatte, freimachen musste, um diese Nervsäcke loszuwerden.
Hoffentlich beeilten sich die Menschen mit dem Religiongründen etwas, damit die Brut im Keller sich mit denen beschäftigen könnte, statt Lärm zu machen und auf die Kellertreppe zu kacken.
Gott nahm sich die Kiste, auf der “süß” stand und fing an zu wühlen. Was er fand, warf er über die Schulter, wo es ca. 2 Meter hinter ihm in der Luft hängen blieb, darauf wartend, zu etwas zusammengebaut zu werden. Er griff sich Kindchenschema, Kulleraugen, zwei große runde Ohren und das flauschigste Fell, dass er finden konnte. Dann griff er noch in die Kiste “Reste” und warf einen kleinen Rucksack dazu. Könnte praktisch werden. Ansonsten verzichtete er auf sinnvolle Komponenten wie relevante Krallen und Zähne oder schnelle Beine oder einen Panzer oder einen tollen Geruchs- oder Gehörsinn. Schließlich war das hier das süßeste Wesen, das es geben sollte. Es würde den ganzen Tag nur kuscheln und von Wem-Auch-Immer gefüttert und beschützt werden.
Er wurschtelte die Bauteile so gut zusammen wie es eben ging, schließlich ist das Blöde am Gott sein, dass es keine Bauanleitung gibt. Als alles an seinem Platz zu sein schien, gab er seinem Werk noch einen französischen Akzent, um Adam zu verarschen, und machte zwei Schritte zurück um sich sein Werk anzuschauen.
Sah ganz gut aus. Ein Bisschen wie ein mopsiges und haariges Baby mit sehr albernen Ohren und einem Rucksack auf dem Bauch. “Rucksackratte werd’ ich dich nennen” murmelte er, griff blind nach der Coladose auf der Werkbank und setzte sie an die Lippen. Außer einem Schwall warmer Luft, die nach Enttäuschung schmeckte, kam aber nichts auf der göttlichen Zunge an.
“Scheiße, Cola alle”, sagte der Liebe Gott.
“Isch ‘eise Koala?” sagte die Rucksackratte, die offenbar trotz ihrer untertassengroßen Ohren nicht sonderlich gut hörte, in ihrem französischen Akzent.Gott schaute die Ratte irritiert durch zugekniffene Augen an und setzte sie sich probeweise auf den Rücken und stampfte raus in den Wald. Schon nach ein paar Schritten kam er sich albern vor, und ging an den nächsten Baum.
“Isch ‘eise Koala” sagte die Rucksackratte.
“Ach, geh kuscheln.” sagte Gott, griff sich über die Schulter, griff den Koala am Hals und setzte ihn in einer Bewegung an den nächsten Baumstamm. “Papa hat jetzt ein Date mit einem Sixpack Bier. Ich bin nämlich im Ruhestand, klaro?”“Koala!” kam die Antwort.
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Ziemlich genau so muss es gelaufen sein. Da bin ich mir sicher. Warum ich mir sicher bin?
Nun, die einzige Alternative wäre Evolution. Natürliche Auslese. Das Überleben des Stärkeren. Und jeder, der schonmal einen Koala mehrere Minuten beobachtet hat, wird mir zustimmen, dass dieses alberne Tier dem guten Herrn Darwin bei der Theorieentwicklung durchgerutscht sein muss.Ich meine, ok, keine Regel ohne Ausnahme. Aber die 4 Koalas die ich mir hier gerade in Kuranda im Koala Garden anschaute, saßen gemeinsam schlafend auf einem Ast in Hüfthöhe, hatten den Elan apathischer Kürbisse und erinnerten mich doch sehr an die alten Männer aus dem Simpsons-Altenheim. Hin und wieder wurde einer der grauen Knuddelbälle von einem Tierpfleger vom Ast gepflückt, woraufhin er oder sie sich jeweils an den Tierpfleger klammerte, als wäre es ein Baum. Ein paar Schritte weiter stand eine Kamera auf einem Stativ vor einer bepinselten Leinwand, die eines der ersten Ölgemälde des Kontinents sein musste. Nachdem ein Tourist $15 gezahlt hatte, wurde der Beutelbär vom Tierpfleger gelöst und auf ebenjenen Touristen gesetzt, der öfter als nicht die Ausmaße eines Baumes hatte. Wenn der Koala nach den Richtlinien der australischen Koalaknuddelverordnung (freie Übersetzung, aber es gibt wirklich Gesetze, die das Koalaknuddeln regeln) ausgeknuddelt war, wurde er zurück auf den Ast gesetzt und je nach Touristenandrang einer seiner Bettgenossen vom Baum gelöst und das Spiel fing von vorne an.
Ich stand eine Stunde vor dem Ast.
Wenn man die Bewegung aller Koalas in dieser Stunde zusammenzählt, kommt man auf ungefähr 2 Meter. Aber auch nur, wenn man den unsanften Absturz eines eher unerfahrenen Astgabelschläfers und seinen widerwilligen Rückweg mit einrechnet.
Sie sind süß und knuffig, das kann man nicht leugnen.
Wir sie der Evolution bisher von der Schippe gesprungen sind, ist mir allerdings ein Rätsel.
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Ausser den Koalas gab es noch zutrauliche Wallabies, apathische Wombats, verschiedene Känguruarten, freilaufende Leguane, Krokodile, Schlangen, Schildkröten und Japaner in dem Zoo.
Negativ fielen besonders die Schlangen und die Japaner auf, da sie ständig von Bäumen fielen (was die Kängurus verunsicherte), mit den Türen zum Streichelgehege knallten (was die Schlangen verunsicherte), die Türen zum Schlangenhaus offen stehen ließen (was alles erwürg- und runterschluckbare im Umkreis verunsicherte) und beim Fotografieren im Weg standen (was den Fotografen nervte). Außerdem hielten sie sich teilweise außerhalb des zugewiesenen Terrariums auf, was alle Besucher verunsicherte.
Besonders die Japaner.
(Bitte nicht als verallgemeinernden Rassismus verstehen. Ich bin mir sicher, dass nicht alle so sind. Ich kenne persönlich ein paar Leute, die Schlangen haben, die ganz nett sind.)
Das ganze spielte sich im Koala Gardens in Kuranda ab, einer kleinen Stadt in den Bergen, die von Cairns aus ganz einfach für 8$ mit dem eigenen Auto erreichbar ist. Oder für $69 pro Person, wenn man ein Tourist ist und einen Schuss hat.
Wir hatten an dem Tag einen.
Über 2 Stationen fährt man in einer geschlossenen Seilbahngondel über den Regenwald. Angeblich wurden die Regenwald-Flüge im Film “Avatar” von dieser Seilbahnfahrt inspiriert.
Bei der Aussicht klappt einem der Kiefer runter – Höhenangst oder nicht. Um 11:00 ging es für uns in der schönsten Vormittagssonne aus der Tiefebene von Cairns den Hang hoch und immer höher. Die Baumwipfel sind 30 Meter hoch – wir fliegen nochmal gefühlte 800 Meter darüber.Hab ich erwähnt, dass ich Höhenangst habe?
Man schaut über die Dächer des Urwaldes, der sich in alle Richtungen bis zum Horizont ausbreitet, in allen möglichen Grünfarben, die das menschliche Auge wahrnehmen kann. Auf den Bäumen wachsen weitere Pflanzen, auf denen wieder Pflanzen wachsen und auf denen wieder – im ewigen Kampf um das Licht, das es nicht bis zum Regenwaldboden schafft.
Wir steigen bei der ersten Station aus und machen eine rangergeführt Regenwaldwanderung. Soll heißen: Ein Typ mit großem Hut läuft vor uns 175 Meter im Kreis. Aber die Aussicht ist schön und die Erklärungen ebenfalls. Besonders scheint ihm ein großer Vogel, der halb Emu und halb Flugsaurier ist, am Herzen zu liegen. “Der Gärtner des Regenwaldes ist so wichtig, weil er als einziger diese riesigen Früchte hier essen und verteilen kann” erklärt er. Der Cassowary steht auch mitten in der Seilbahnstation – aus Plastik.
Von der zweiten Station aus führt ein Weg zu einem Aussichtspunkt von dem aus man die Baron Falls Wasserfälle sehen kann. Es gibt ja ein paar ungeschriebene Gesetze beim Reisen. Eins unserer Gesetze ist, dass wir, egal wie wir es anstellen, grundsätzlich Wasserfälle zu sehen bekommen, die eins gemeinsam haben. Irgendjemand kommentiert die Wasserfälle mit dem Satz “das müsstet Ihr mal sehen, wenn Wasser drin ist.”
Yosemite, Sequioa National Park, Belize, überall das selbe: Wir schauen uns grundsätzlich leere oder gerade so im Versiegen befindliche Wasserfälle an.
Umso überraschter waren wir, dass hier Wasser im Wasserfall war! Nicht mal wenig sogar.“Hey, unsere Strähne ist gerissen” sage ich zu Kerstin.
Der Ranger sagt: “Den solltet ihr mal sehen, wenn richtig Wasser drin ist”.
Nach der dritten Fahrt in der Seilbahn überquert man einen Fluß und landet in Kuranda, wo es neben den oben beschriebenen Tieren noch Stickertiere gibt. Stickertiere müsst Ihr Euch so vorstellen: Nehmt Kreuzfahrtschifftouristen, die in jede Souvenirbude reinrennen, um Crocodile Dundee-Hüte, Kängurufellpantoffel und Aboriginelle Kunst zu kaufen und fügt Sticker hinzu. Am besten auf der Brust. Auf den Stickern steht dann sowas wie “10:30”, “River Tour”, “Sky+Train” und natürlich der Name des Schiffs, bei dem das Stickertier im Falle eines Verlaufens bitte abzugeben ist.
Die Stickertiere teilten sich mit den Souvenirverkäufern und Japanern (die gerade frei hatten vom Känguruerschrecken im Zoo) die breiten Gehwege voller DUTY FREE-Zeichen.
Da wir dachten es kann jetzt nicht mehr schlimmer werden, gingen wir zu ‘German Tucker’s Wursthouse”.
Wir hatten uns getäuscht. Es geht immer schlimmer. Es gab Beck’s, die Wurst war so wie man sich eine ECHTE DEUTSCHE WURST in Australien vorstellt und im Radio lief “UND DIE HÄNDE ZUM HIMMEL”.
Gegen 3 verließen wir Rothenburg ob der Koalas wieder mittels Skyrail. “Macht Euch keine Gedanken, falls die Seilbahn mal anhält. Das ist normal um die Zeit wegen Reparaturen.” sagte eine lächelnde Angestellte der Seilbahn, während sie die Tür der Gondel von außen verriegelte.
Der Rückweg dauerte ungefähr dreimal so lange wie der Hinweg, dank der Pausen. Und was für Pausen. Wir hielten ein paar Minuten in der Mitte über dem Fluß, dann wieder 30 Meter über einer Lichtung des Regenwalds baumelnd. Fotografisch war es ein Traum, höhenängstlich ein Alptraum.
Also im Mittel war’s ganz OK. 😉
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Epilog
Die Seilbahn war der Hammer. Die Koalas zu fotografieren war super. Der apathisch im Kreis laufende Rilke-Wombat war traurig, aber die fütterbaren Kängurus doch wieder irgendwie cool.
Der Rest – das war wohl der Preis. Man darf sich nicht beschweren, wenn man in den Streichelzoo geht und dort Touris trifft.Ich glaube, wir werden uns erstmal von solchen Touristenfallen feenhaften – nicht nur, aber auch, budgetbedingt.
Und Ihr? Wart Ihr schonmal in Kuranda? Wie war Euer Eindruck? Würdet Ihr dort hin fahren? Mit so einer Seilbahn?
Und was haltet Ihr eigentlich von Koalas?
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